Olympia Kanu

16.07.2016

Olympia 2016 in Rio de Janeiro
Sebastian Brendels emotionalster Sieg

Mit seinem Olympiasieg von Rio de Janeiro ist Sebastian Brendel endgültig zu einem der ganz Großen im deutschen Kanusport geworden. Seine Siegesfahrt am Dienstag wurde überschattet vom Tod des Kanutrainers Stefan Henze. Ihm widmete Brendel seine Goldmedaille.

Rio de Janeiro

Eckhard Leue deutet nach der Goldfahrt seines „Schwiegersohns“ Sebastian Brendel mit dem Finger zur Christusstatue. „Der Kanu-Olymp ist für Sebastian jetzt dort. Er hat seinen Olympiasieg von London wiederholt und ist der größte Einercanadier-Fahrer aller Zeiten“, sagte der Mann, der 1980 in Moskau selbst Olympia-Bronze in dieser Disziplin gewonnen hatte.

Und das Bild mit der Christusstatue über dem Lagoa-Kanuzentrum passte noch aus einem anderen Grund: Brendel widmete seinen Triumph Kanutrainer Stefan Henze, der in diesen Olympia-Tagen nach einem Autounfall ums Leben gekommen war.

„Dieser Sieg war ein Stück auch für Stefan. Alle im Team waren ziemlich geschockt, das kann man nicht ausblenden. Das Mitgefühl geht an seine Familie und Freunde“, sagte Brendel. Der sonst so kontrollierte Hüne wischte sich bei der Siegerehrung die Augen, die Ereignisse der letzten Tage machten diesen Erfolg zum emotionalsten seiner ganzen Karriere.

Sportler werden Henze auch in Deutschland gedenken

Gemeinsam machte sich das gesamte deutsche Team danach auf den Weg zurück ins olympische Dorf, wo um 16 Uhr die offizielle Trauerfeier des deutschen Teams für Stefan Henze auf dem Plan stand. „Die Trauer steckt bei jedem tief drin und es wird lange dauern, bis alle das verkraftet haben. Aber wir haben unseren Sportlern gesagt, dass sie die Emotionen verdrängen sollen und sich auf den Sport konzentrieren müssen. Sie haben vier Jahre für Olympia gearbeitet. Das hätte auch Stefan so gewollt“, kommentierte Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV). Auch beim Empfang bei der Rückkehr des Olympiateams nach Deutschland werde man Henze in würdiger Form gedenken.

Ein großes Rennen in der ermbarmungslosen Sonnen von Rio

Weltmeister und Weltrekordler Sebastian Brendel, der vielleicht größte Goldfavorit im gesamten deutschen Olympiateam, bewältigte die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage erfolgreich. Auch die Rückenschmerzen, die ihn plötzlich eine Stunde vor dem Start überfallen hatten, blendete der 28 Jahre alte Mann nach kurzer Behandlung aus. Nach dem Aufstehen um 5.30 Uhr lieferte er zu morgendlicher Stunde unter der erbarmungslosen Sonne von Rio ein perfektes Rennen über 1000 Meter ab. Nach einem Viertel lag er noch auf Platz drei, doch dann zog er davon. Sein großer Konkurrent, der frenetisch angefeuerte Lokalmatador Isaquio Queiroz dos Santos, konnte nicht folgen und hatte am Ende auf dem Silberplatz deutliche 1,603 Sekunden Rückstand.

„Sebastian ist unser Kanu-Held“

„Wahnsinn! Ich habe ihm den Zahn gezogen und habe vier Jahre Arbeit gekrönt. Jetzt habe ich zweimal Olympiagold“, sagte Brendel. „In London war ich nicht unbedingt Topfavorit und musste unglaublich kämpfen. Hier musste ich als Topfavorit mit dem Druck umgehen.“ Das gelang ihm so überzeugend, dass ihn sein Verbandschef in eine Reihe mit Birgit Fischer stellte. Die ist als achtmalige Olympiasiegerin die erfolgreichste deutsche Sportlerin der Geschichte. Konietzko: „Sebastian ist unser Kanu-Held.“ Einer, der in der Stunde des Triumphs vor allem an seine Familie dachte. Seine Eltern – Mutter Astrid mit Deutschland-Kette und schwarz-rot-goldenen Ohrsteckern – fieberte auf der Tribüne genauso live mit wie seine Partnerin Romy. „Ihr habe ich alles zu verdanken. Sie hat mir den Rücken frei gehalten“, bedankte sich Brendel.

Sebastian Brendel selbst wollte am Abend im Deutschen Haus nicht so überschäumend feiern. Zum einen aus Respekt vor Stefan Henze. Zum anderen, weil er in Rio noch eine zweite Mission hat: Er will im Zweiercanadier mit Jan Vandrey am Freitag und Samstag nach seiner zweiten Olympia-Medaille von Rio greifen – unterhalb der Christusstatue.

Potsdamerin Franziska Weber holt Silber

Die Rennkanutinnen Franziska Weber und Tina Dietze haben bei den Olympischen Spielen in Rio die Silbermedaille gewonnen. Die Olympiasiegerinnen von 2012 mussten sich am Dienstag im Kajak-Zweier über 500 Meter nur hauchdünn dem Boot aus Ungarn geschlagen geben.

Von Lars Becker
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